Hessischer Radfernweg R6

Von Idstein und Dasbach herkommend, erreicht der R6 die Grenze der Gemeinde Niedernhausen. Dies ist eine sehr alte Grenzlinie, sie existiert schon seit dem ersten Jahrhundert unserer Zeitrechnung. In dieser Zeit expandierte das römische Reich vom Rhein in Richtung Wetterau. Ursprünglich eine lockere Postenkette, wurde die Grenzlinie ab ca. 100 n. Chr. durch Palisaden befestigt. Insgesamt hatte der so genannte „Obergermanisch-Rhätische Limes“ eine Länge von 550 Kilometern und reichte vom Rhein bis zur Donau. Auf alten Flurkarten unserer Region ist er unter der Bezeichnung „Pfahlgraben“ eingezeichnet. Geschichtsbegeisterte Radfahrer können von Idstein-Dasbach aus zwei kleine Umwege machen: Zum einen zum Nachbau eines Limes-Wachturms südlich von Dasbach an der L3026, zum anderen in den Wald nördlich des Dorfes. Hier ist der römische Grenzwall noch deutlich zu sehen. Auch die Dasbacher Kirche, so geht eine lokale Sage, soll auf den Fundamenten eines römischen Wachturms erbaut worden sein.


Blick auf Dasbach


Blick auf Idstein-Dasbach von der Gemeindegrenze


Der Radweg R6 führt uns aber weiter nach Oberseelbach. Sein Verlauf deckt sich auf dieser Strecke übrigens mit dem Hessischen Radfernweg R 8. Die beiden Wege teilen sich am Dorfbrunnen in Oberseelbach. Dieser Brunnen ist einen kurzen Zwischenstopp wert: Es handelt sich um die für den Taunus und den Westerwald typische Form eines Laufbrunnens mit gusseisernem Brunnenbecken. Die meisten Dorfbrunnen unserer Region wurden im Eisenwerk der Grafen zu Nassau, der „Michelbacher Hütte“ in Aarbergen-Michelbach, gefertigt. Aus diesem Eisenwerk ging später die Firma Passavant, ein Spezialist für Wassertechnik, hervor.


Ein Fahrrad, an einen Brunnentrog gelehnt


Dorfbrunnen in Oberseelbach


Schräg gegenüber vom Dorfbrunnen steht ein rot-weißes Fachwerkgebäude, seit dem späten 18. Jahrhundert Mittelpunkt der einst unabhängigen Gemeinde Oberseelbach. In diesem so genannten „Backes“ war nicht nur der gemeindeeigene Backofen untergebracht, sondern auch die Gemeindeverwaltung. Der Backofen ist immer noch funktionsfähig und wurde im Jahre 2023 mit Fördermitteln des Rheingau-Taunus-Kreises aufwändig restauriert.

Das Backhaus von Oberseelbach


Historisches Backhaus in Oberseelbach, hier teilen sich die Radwege R6 und R8


Der R6 führt uns südlich aus Oberseelbach hinaus, unterquert die L3026 und bringt uns auf einer angenehm zu fahrenden Strecke bergab durch Wiesen und Felder nach Niederseelbach. Wir fahren wiederum durch historisch interessantes Gelände. Im frühen und hohen Mittelalter war der „Seelbacher Grund“ mit seinen günstigen natürlichen Bedingungen ein Zentrum der Besiedlung. Die Niederseelbacher Kirche ist wahrscheinlich das älteste Gebäude in unserer Gemeinde, in Teilen geht sie auf das 12. Jahrhundert zurück. Man kann sagen, dass die spätere Gemeinde Niedernhausen hier ihren Ausgangspunkt hatte!


Blick auf Niederseelbach


Blick in den "Seelbacher Grund" und auf die Hohe Kanzel


An der Bahnlinie biegen wir links ab, unter den Gleisen hindurch und geradeaus am Niederseelbacher Feuerwehrhaus vorbei auf die Brückenstraße. Die nächste Hauptstraße ist die Oberseelbacher Straße. Wer möchte, kann hier nach links abbiegen und einen Abstecher zur denkmalgeschützten Johanneskirche machen. Der R6 biegt rechts ab, dann wieder links in die Oberstraße. Anstatt halb links in Richtung Niedernhausen halten wir uns geradeaus auf der Straße „Am Flachsbach“, sie führt uns aus dem Dorf hinaus in den Wald. Recht steil bergauf geht es unter der Autobahn A3 hindurch und an der Ostflanke der Hohen Kanzel entlang. Hier heißt es in die Pedale treten – oder den elektrischen Antrieb eine Stufe höher schalten…!

Die „Hohe Kanzel“ ist der „Hausberg“ von Niedernhausen und mit 591 Metern Höhe die höchste Erhebung in der Gemeinde. Ganz hinauf steigen wir ein anderes Mal!

Der Waldweg endet an der Landesstraße L3273, der wir links abbiegend ein Stück folge müssen. Dann geht es wieder links und wir folgen der Straße „Im Grund“ bis zum Bürgerhaus Engenhahn. Jetzt sind wir mitten in Niedernhausens kleinstem und am höchsten gelegenen Ortsteil. Nach dem Spielplatz biegen wir links ab und haben das historische Rathaus vor uns. Dieses sehr liebevoll restaurierte Fachwerkhaus ist das „historische Rathaus“, es hatte die gleiche Doppelfunktion wie das Backhaus, das wir in Oberseelbach gesehen haben.  Von hier aus führt uns der R6 durch die Straßen „In der Lei“ und „In der Tripp“ zum Engenhahner Sportplatz. Links abbiegend fahren wir den Höhenrücken entlang bis zum Parkplatz „Sauwasen“. 


Blick auf den Feldberg


Blick auf den Großen Feldberg, die höchste Erhebung im Taunus (881 m)


Weiter geht es auf der schnurgeraden „Trompeterstraße“. Sie ist nach den mit einem Signalhorn ausgestatteten Postreitern benannt, die im 18. Jahrhundert auf dieser Straße zwischen den Nassauischen Residenzen Idstein und Wiesbaden unterwegs waren. Rechts von uns liegt das Wohngebiet „Wildpark“ mit seinen weitläufigen Villengrundstücken. Halb links führt uns der R6 in ein ausgedehntes Waldgebiet, das fast ohne Unterbrechung bis nach Wiesbaden reicht! Die Streckenführung des R6 macht hier einen Abstecher in Richtung Westen zum „Jagdschloss Platte“. 


Radweg R6 in Richtung Platte


Wegführung von Engenhahn-Wildpark in Richtung Jagdschloss Platte


Wir könnten dem Radweg weiter folgen, denn ein Besuch „auf der Platte“ lohnt sich! Das Jagdschloss wurde 1823- 1826 im Auftrag von Herzog Wilhelm I. von Nassau erbaut. Im Februar 1945 durch Bombentreffer bis auf die Außenmauern zerstört, blieb das Schloss jahrzehntelang eine Ruine. Zum Teil restauriert und wieder begehbar gemacht, ist es heute Ort für verschiedenste Veranstaltungen. Die Schlossterrasse bietet bei gutem Wetter eine tolle Aussicht, und der nahegelegene Gasthof hat den perfekten Biergarten für eine erfrischende Rast. Wenn wir dem R6 folgen, führt uns eine kurvenreiche Waldetappe am Kellerskopf vorbei nach Wiesbaden-Naurod und durch das „Ländche“ – so nennt man landläufig die östlichen Stadtteile von Wiesbaden. Von Wiesbaden-Ickstadt aus könnte man mit dem Zug nach Niedernhausen zurückfahren.

Für alle, die dem R6 nicht bis zur Platte und darüber hinaus folgen wollen, gibt es eine Tourenvariante: Etwa einen Kilometer nachdem der R6 von Engenhahn-Wildpark aus in den Wald hineinführt, zweigen links mehrere Querwege ab. Diese führen durch das Theißtal direkt zurück in Richtung Niedernhausen. Die geschotterten Wege sind gut ausgebaut, aber zum Teil sehr abschüssig. Gute Bremsen sind gefragt!

Am idyllischen Waldsee vorbei verlassen wir den Wald in das Theißtal. Hier geht es heute recht einsam und idyllisch zu, in früheren Zeiten war das Tal aber intensiv landwirtschaftlich genutzt. Auch ein ehemaliger Mühlenstandort zeugt von der dörflichen „Kleinindustrie“. Am Weg kurz hinter dem Waldsee sind noch Mauerreste der „Lumpenmühle“ zu sehen. Hier wurden aus Altpapier und Textilresten Papier und Pappe gefertigt.

Vom Waldsee aus ist Niedernhausen in etwa 15 Minuten Fahrt erreicht.

 

Eine Streckenkarte aller Etappen des R6 mit Teilkarten und Höhenprofilen findet sich auf https://www.komoot.de/collection/1103296/vom-waldecker-land-ins-rheintal-hessischer-radfernweg-r6


Übersicht Etappe Idstein - Mainz-Kostheim - 42,6 km

  • Idstein
  • Niederseelbach − ab hier geht es kontinuierlich mächtig bergauf.
  • Höchster Punkt: 567 m − ab hier geht es bis Mainz-Kostheim langsam bergab.
  • Jagdschloss Platte (500 m) −  Kiosk und Restaurant am Parkplatz.
  • Wiesbaden − Die Route führt östlich an der Stadt vorbei. Ein Abstecher in das Zentrum der hessischen Landeshauptstadt über die Nebenstraße oder den parallelen Wanderweg ist lohnend.
  • Taunusblick − Hinter Naurod-Erbsenacker empfiehlt es sich, nicht sofort in Richtung Heßloch abzubiegen, sondern zunächst ein kleines Stück geradeaus zu fahren. Hier genießt man den Blick auf den Großen Feldberg. Zunächst geht es wieder durch den Wald, dann am Spielplatz rechtwinklig links abbiegen, hier beginnen die Streuobstwiesen des Nassauer Landes.
  • Wiesbaden-Kloppenheim − Nach der Querung der Landstraße am Ortsrand von Wiesbaden-Igstadt am Wegweiser Erbenheim links abbiegen.
  • Wiesbaden-Erbenheim − Hinter Erbenheim das Industriegleis zum Militär-Flughafen überqueren und links abbiegen.
  • Mainz-Kostheim – Durch die Weinberge des Rheingaus rollend erreichen Sie das Ziel Mainz-Kostheim.