Die Bezeichnung „Schwarzland“ klingt ein bisschen unheimlich und passt ganz gut zu einem abgelegenen Fleckchen Niedernhausen, das nur noch wenige Menschen kennen. Alten „Nernhäusern“ und allen, die regelmäßig aus dem südlichen Teil Niedernhausens mit dem Hund Gassi gehen, ist dieses bewaldete Tal zwischen Goethestraße, Frankfurter Straße, Eisenbahnlinie und Friedhof ein Begriff. Der „dunkle“ Flurname soll auf ein ausgestorbenes Handwerk zurückgehen: Früher wurde in diesem Teil unserer Gemeinde aus Eichen- und Buchenholz Holzkohle gebrannt. Nicht zum Grillen, sondern zum Schmieden und zur Verarbeitung von Eisen und Stahl. Dies geschah im größeren Stil bis um 1850 im wasserbetriebenen „Hammerwerk“ ungefähr dort, wo heute die Niedernhausener Feuerwehr und der Gemeindebauhof ihren Sitz haben. Der Straßenname „Zum Hammergrund“ erinnert noch daran.
Im „Schwarzland“ ist es heute sehr ruhig, doch das war nicht immer so! Bis in die 1970er Jahre war hier sogar viel Betrieb, besonders an warmen Sommertagen. Hier befand sich, von den zahlreichen Bächen und Quellen des feuchten Grundes gespeist, das erste Niedernhausener Waldschwimmbad! Noch recht klein und sehr naturnah: Ältere Niedernhausener, die das alte Schwimmbad noch kennen, erinnern sich daran, dass man sich dort das Becken manchmal mit Fischen und Fröschen teilen musste!
1976 eröffnete das heutige Waldschwimmbad, im Schwarzland kehrte tiefe Ruhe ein. Die Schwimmbecken wurden zurückgebaut und Fischteiche angelegt, die mit den umliegenden Grundstücken privat bewirtschaftet wurden. 2023 gingen die drei kleinen Teiche und die umliegenden Grundstücke mit Ablauf der Pachtverträge wieder an die Gemeinde zurück. Jetzt hat das Gelände eine neue Funktion: Lernort in der Natur!
Die Obhut über das Gelände teilen sich der „Horst Niedernhausen-Idstein“ der Deutschen Waldjugend und der NABU Niedernhausen. „Horst“ nennt man bei der Waldjugend eine Orts- oder Regionalgruppe.

Die Deutsche Waldjugend (DWJ) ist der Jugendverband der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald. Sie wurde in den 1950er-Jahren gegründet, um Kinder und Jugendliche für Natur- und Umweltschutz zu begeistern und Wissen über Wald, Natur und ökologische Zusammenhänge zu vermitteln.
Die Aktivitäten der Waldjugend sind vielfältig: Sie reichen von naturpädagogischen Projekten, Exkursionen und praktischen Arbeitseinsätzen im Wald (z. B. Pflanzaktionen, Biotoppflege) bis hin zu Zeltlagern und Gruppenstunden mit spielerischen und handwerklichen Elementen. Dabei wird großer Wert auf Gemeinschaft, Erleben in der Natur und ökologische Bildung gelegt. Die DWJ versteht sich als überparteilicher, konfessionsunabhängiger Jugendverband. Neben dem Schutz und Erhalt des Waldes fördert sie soziale Kompetenzen, Umweltbewusstsein und nachhaltiges Denken bei jungen Menschen.
In Niedernhausen sind 10-15 Kinder und Jugendliche aktiv in der Waldjugend-Gruppe dabei. Darunter sind mehrere junge Menschen, deren Familien aus der Ukraine geflüchtet sind. Sie alle sind dabei, das alte Schwimmbadgelände im Schwarzland in etwas ganz Tolles umzuwandeln: Einen Ort zum Spielen, Entdecken und Lernen in der Natur, direkt vor der Haustür. Wald, Wiese, Sumpf und Teich: Gleich mehrere Biotope laden zum Entdecken ein. Verschiedene Nistkästen locken Insekten und Vögel an, die dann beobachtet werden können: Zum Beispiel ein Hornissenvolk, dem man hier zwar aus der Nähe, aber mit Respektabstand zusehen kann.
Im Teich haben sich nach Entnahme des nicht naturgemäßen Fischbestandes (Koi-Karpfen) wieder heimische Arten wie die Teichmuschel angesiedelt. In Tradition des alten Schwimmbades kann in einem Teich auch mal gebadet oder mit dem selbstgebauten Floß gefahren werden. Als „Stützpunkt“ für verschiedene Projekte dient eine Hütte, und ein Tipi als „Gruppenraum“ für Regenwetter.

„Das ist schon ein besonderer Ort,“ findet Gero Wilhelmi, der die Waldjugend-Gruppe in Niedernhausen leitet. „Wir können direkt vor der Haustür buchstäblich in die Natur abtauchen. Im Schwarzland erleben die Kinder und Jugendlichen das, was man heute gerne ‚micro adventures‘ nennt. Also kleine Ausbrüche aus dem Alltag. Gleichzeitig können wir hier wichtiges Wissen über die Natur und wie man sie schützt vermitteln.“
Bei der Waldjugend wird nicht nur gespielt, sondern auch richtig mit angepackt: Im Oktober hat die Gruppe das alte Schwimmbadgelände in einem so genannten „Forsteinsatzlager“ von Bauschutt und nicht standortgerechten Bäumen befreit. Regelmäßig setzt die Gruppe in unserer Gemeinde weitere Projekte zum Naturschutz um: 2023 entstand im Wald bei Engenhahn eine so genannte „Eidechsenburg.“ In Niedernhausen ist die Waldjugend auch fast jedes Jahr bei Baumpflanz-Aktionen in unseren schwer geschädigten Wäldern unterwegs.
Klingt spannend? Bei der Waldjugend kann man mitmachen – Infos kann sich man per Email unter idstein-niedernhausen@waldjugend-hessen.de holen.