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Historisches

Auf römischen Spuren in Niedernhausen

Die Landschaft zwischen Niedernhausen und Idstein ist idyllisch, sie lädt zum Ausruhen und Entschleunigen ein. Es sieht aus, als ob sich hier noch nie irgendetwas Besonderes zugetragen hätte. Vor ziemlich genau 2000 Jahren war hier allerdings eine Menge los! Das römische Imperium hatte seine Nordgrenze über den Rhein nach Norden vorgeschoben. Dadurch sollte eine Art „Puffer“ vor der Rheingrenze geschaffen und fruchtbare Ackerbaugebiete wie z. B. die Wetterau unter Kontrolle gebracht werden.

Ziemlich genau da, wo heute die Grenze zwischen Niedernhausen und Idstein verläuft, markierten die Römer ihre Nordgrenze. Zunächst mit einer losen Postenkette, die bis um das Jahr 145 n. Chr. immer weiter mit Wällen, Gräben und Wachtürmen ausgebaut wurde. Sicherlich nach damaligem Stand der Militärtechnik keine „wasserdichte“ Verteidigungslinie. Die Grenzbefestigung diente mehr dazu, die Anwesenheit und den Machtanspruch der Römer zu demonstrieren und den grenzüberschreitenden Handel zu kontrollieren. Der so genannte Obergermanisch-Rätische Limes (das Wort Limes heißt ursprünglich etwas wie „Schneise“) reichte schließlich über 500 Kilometer weit vom Rhein bis zur Donau. 2005 wurde Deutschlands größtes Bodendenkmal zum Weltkulturerbe der UNESCO erklärt.

"Blick ins Gelände" am Nordrand von Niedernhausen. Die beiden Linien des Limes verliefen jeweils ungefähr am linken (südlichen) und rechten (nördlichen) Bildrand. 

Seitdem wurde entlang des Limes viel geforscht, auch in unserer unmittelbaren Nachbarschaft. In Niedernhausen, Idstein und Umgebung widmet sich der Verein „Freundeskreis Limes im Idsteiner Land“ der Vermittlung von Wissen über den „römischen Taunus“. Unter anderem betreut der Verein den markanten Nachbau eines Wachturms bei Idstein-Dasbach. Und genau an dieser Stelle konnte am 15. Juni nicht nur 25 Jahre Weltkulturerbe Limes, sondern auch ein neues Projekt gefeiert werden. Zwischen Niedernhausen-Niederseelbach und Idstein-Dasbach gibt es jetzt einen im wahrsten Sinne des Wortes „grenzüberschreitenden“ Wanderweg. Der Freundeskreis hat ihn gemeinsam mit den beiden Kommunen und zahlreichen Akteuren vor Ort über die letzten Monate hinweg erarbeitet.

Rekonstruierter Limesturm 3/26 bei Dasbach (Bild: Jochen Haupt)

„Anders als zur Zeit der Römer und Germanen ist das Miteinander an dieser alten Grenzlinie heute von guter Nachbarschaft geprägt,“ stellte Niedernhausens Bürgermeisterin Lucie Maier-Frutig bei der Eröffnungsfeier fest. Gemeinsam mit ihrem Idsteiner Kollegen Christian Herfurth dankte die Niedernhausener Rathauschefin allen Beteiligten: Besonders dem Freundeskreis, aber auch den Bauhöfen beider Kommunen für technische Unterstützung, den Ortsbeiräten von Dasbach und Niederseelbach, beteiligten Grundstücksbesitzern – und nicht zuletzt den Dasbacher Kerbeborsch für die unter dem Limesturm gereichten Erfrischungen!

Flankiert von historischen Darstellern in der Ausrüstung römischer Hilfstruppen (so genannte „Auxilia“) schnitten beide Bürgermeister das symbolische rote Band durch – dann konnte eine Gruppe interessierter Gäste zur ersten Begehung des Rundweges starten.


Freundeskreis-Vorsitzender Martin Schlicker erläuterte, dass der Limes an genau dieser Stelle doppelt ausgebaut war.  Zwischen dem heutigen Idstein-Eschenhahn und Dasbach verliefen gleich zwei Grenzwälle im Abstand von etwa 500 Metern.  Der Grund liegt in einer topographischen Besonderheit: „Wo sich heute Niederseelbach befindet, bietet ein Pass bequemen Zugang von der Idsteiner Senke durch das Mittelgebirge in Richtung Rhein. Die Römer hatten offenbar das Bedürfnis, genau diese Stelle besonders genau im Auge zu behalten.“ Der Rundweg von Dasbach in Richtung Niederseelbach bietet einen ausgezeichneten „Blick ins Gelände“ und zeigt, wie geschickt die Grenzposten vor fast 2000 Jahren angelegt waren: Auf einem kahlen und ziemlich nichtssagenden Hügel, direkt neben einer modernen Weihnachtsbaum-Plantage, kam Überraschendes zu Tage: „Durch geomagnetische Untersuchungen der Firma Posselt & Zickgraf wurde hier 2013 das Fundament eine bisher unbekannten Wachturms nachgewiesen,“ weiß Martin Schlicker zu berichten. Der mit der Nummer 3/25* markierte Turm stand an einer Stelle, die noch heute einen ausgezeichneten Blick in Richtung Idstein und Bad Camberg bietet. Egal ob räuberische Germanenkrieger oder Händler mit lukrativ versteuerbaren Waren: wer sich hier der römischen Grenze näherte, wurde früh bemerkt! 

Hier stand einst der "vergessene" Wachturm 3/25*!

Der Limes und seine Wachtürme sind im Laufe der Jahrhunderte durch Erosion und landwirtschaftliche Bearbeitung des Bodens weitgehend unsichtbar geworden. Entlang des etwa 4 Kilometer langen Rundweges erlauben Hinweisschilder mit QR-Codes, sich beim „Erlaufen“ der Topographie gleichzeitig Informationen mit Bildern und Texten auf das Mobiltelefon zu holen. An drei Punkten kann man in den Rundweg „einsteigen“: Am Gassenbacher Hof in Idstein, am Limesturm oberhalb von Dasbach, und an der Lenzenberghalle in Niederseelbach.

Das Ganze beruht auf guter Zusammenarbeit des Freundeskreises mit verschiedenen Beteiligten: In Niederseelbach hat der Bauhof der Gemeinde Niedernhausen Pfähle für die Hinweisschilder zum Rundweg aufgestellt. Nebenbei bemerkt: Die Pfähle sind aus nachhaltigem Recyclingmaterial! Die Standorte der Hinweisschilder wurden in Abstimmung mit den örtlichen Landwirten und Grundstücksbesitzern aus Dasbach und Niederseelbach ausgewählt: Hier galt es darauf zu achten, dass die Schilder nicht etwa landwirtschaftlichen Maschinen im Weg stehen. Während der ersten Begehung würdigte Martin Schlicker an mehreren Punkten die gute Zusammenarbeit: „Bei diesem Projekt haben viele Hände ineinandergegriffen. Alleine als Verein hätten wir deutlich weniger erreicht!“

Gut beschildert: Pfeiler weisen den Weg und bieten Infos per QR-Code! 

Am als „Gerlohe“ bekannten Tal wechselt der Limesrundweg von Niedernhausener auf Idsteiner Gebiet und berührt die nördliche der beiden parallelen Grenzlinien. Hier macht der Rundweg einen Abstecher in ein kleines Waldstück. Dort bekommen wir einen recht guten Einblick darin, wie die Grenzbefestigung ausgesehen hat. Durch den Wald geschützt, ist hier noch ein Stück von Wall und Graben sehr deutlich im Gelände erkennbar. Hier befand sich auch ein Wachturm, heute mit der Nummer 3/25 registriert. Der Turm hatte eine deutlich schlechtere Aussicht als die umliegenden Türme und war deutlich kleiner. Möglicherweise hat er nicht als Beobachtungsposten, sondern nur als eine Art „Relais-Station“ zur Weitergabe von Licht- oder Rauchsignalen gedient. Das Fundament dieses Turms wurde schon im 19. Jahrhundert von der „Reichslimeskommission“ untersucht und geriet dann wieder in Vergessenheit. 2021 wurden die steinernen Fundamente des Turms ausgegraben und archäologisch untersucht. 2023 hat der Freundeskreis Limes im Idsteiner Land in vielen Arbeitsstunden das Fundament „inwertgesetzt“, also durch eine neue Steinsetzung befestigt und dauerhaft sichtbar gemacht. Unterhalb der neuen Vermauerung erkennt man die Original-Mauern des Turmes sehr gut. Hier sind die Steine in einem für römisches Mauerwerk charakteristischen Zickzack-Muster gesetzt. Wegen der Ähnlichkeit dieser Anordnung mit einer Getreide-Ähre nannten die Römer diese Technik „opus spicatum“ („Ährenwerk“). Eine Schneise im Wald bietet nicht nur einen Blick auf die noch sichtbare Wallanlage, sondern auch eine Sichtachse auf den Limesturm (Nummer 3/26) bei Dasbach.

Martin Schlicker erläutert die "Inwertsetzung" der Turmstelle 3/25 im Gerlohe.

 

Der Zugang zum Limesrundweg ist an den drei Startpunkten markiert. Unterwegs bieten Hinweisschilder weitere Orientierung. Eine kurze Routenbeschreibung hält der Freundeskreis online bereit. 

Nähere Informationen zur Arbeit des Freundeskreises Limes im Idsteiner Land gibt es auf der Webseite des Vereins: https://limes-idsteiner-land.de/  

Wer tiefer in das Thema „Römer im Taunus“ eintauchen will, dem sei besonders das Saalburg-Museum in Bad Homburg empfohlen:  https://www.saalburgmuseum.de/

Als Lesetipp über die römische Grenze in Germanien empfehlen wir Thomas Fischer: Gladius: Roms Legionen in Germanien (C. H. Beck Verlag).


"Etwas zu verzollen?" - So könnte die Besatzung am Limes um das Jahr 200 n. Chr. ausgesehen haben....